maldoror has left the building
im akte der erloesung belebt sich das, was unbelebt, tot war; das heiszt psychologisch: diejenigen funktionen, die brach lagen & steril, unbeschaeftigt, verdraengt, verachtet, unterschaetzt usw. waren, brechen ploetzlich hervor & fangen an zu leben. es ist eben gerade die minderwertige funktion, welche das leben, das in der differenzierten funktion zu erloeschen drohte, fortsetzt. – carl gustav jung zum heldenmythos (aus psychologische typen)
I
der raum fletscht seine zaehne

wieder spuerst du ihn, den fluechtigen puls verflieszender zeit. wieder tauchst du hinab, in die gallertartigen, von obszoen grimassierenden fratzen ueberschwemmten, deine traumwandlerisch blanke leere greifenden bewegungen grausam verlangsamenden tiefen eines graesslich deformierten unbewussten & hoffst – natuerlich vergeblich; & erneut –, noch ein einziges mal jenes legendaere & bizarre gitterwerk aus smaragden schimmernden, deine tragische psyche illuminierenden archaischen schriftzeichen rekonstruieren & gar lesen zu koennen – jenes spezielle gitterwerk, naemlich, das dir numinoser schluessel & schloss zu deinem dir laengst verschuett gegangenen, insofern du je ueber dergleichen verfuegt hast, inneren gleichgewicht & sinn zugleich darstellt. & wieder – wie soeben fatalistisch prognostiziert – versagst du, vollkommen: die unsteten, knochig duerren klappergliedmaszen der hinter den beaengstigenden auswuechsen eines monumentalen schattengestruepps lauernden & die quelle deines profundesten lichts gleich einem diabolischen ei bewachenden spinne raekeln sich, makaber & zynisch, & verwirbeln dir jedwede chance, blosz annaehernd ordnung herstellen zu duerfen. & so holpern, konsequenterweise – dein klaeglichen fehlversuche verhoehnend –, statt souveraener, rhetorisch ausgefeilter & eventuelle zuhoerer in ihren bann reiszender genialer satzkompositionen dissonante bruchstuecke absurder bedeutungsrudimente – zur augenblicklichen extinktion verdammte, nicht ueberlebensfaehige & hypernaive neologismen – ueber die plumpen fettwuelste deiner verzweifelt brabbelnden lippen. du schauderst – & die waende ruecken naeher. ueberall um dich herum heben sich nun die misstrauisch glotzenden, widerlichen larvenschaedel dunkel vermummter phantomgestalten & mustern dich & deine fragwuerdige praesenz unter den heiklen insignien der gnadenlosen pruefung, ob ein tabu verletzt, ob ein gesetz, ein verbot, eine ungeschriebene regel ueberschritten, ob ein dogma, ein dekret, eine nicht zur debatte stehende anordnung unterwandert & damit mutwillig mit fueszen getreten worden ist. schnell bist du durchschaut, das heiszt, sozusagen auf frischer tat ertappt & folglich mit sofortiger wirkung unerwuenscht – messer werden gewetzt, klingen geschaerft –; die omnipraesenten, perfiden mechanismen der exklusion bereichern sich, um das drastische moment ihrer unumwunden – hand in hand mit einer ganz selbstverstaendlich vollstreckten nihilierung kritischer gegenentwuerfe – von passivem missbilligen zu aktivem hass hinueberhastenden umsetzung des einhellig geschlossenen gruppenbeschlusses: fort mit dem eindringling, vorueber die schonfrist, beziehungsweise – im falle des widerstands – gerne seine totale vernichtung. & sofern du nicht unbedingt darauf bestehst, dich bis auf die bleichen gebeine demuetigen & dann verstuemmeln & massakrieren zu lassen, bleibt dir flucht die einzig adaequate loesung: wohin also wendest du dein multipel verstoertes haupt? treibt es dich den schwindelerregenden vortex einer beklemmend engen treppe hinauf? VI. & hechtest du nach drauszen, in den grotesken strudel irreversibel anmutender ereignisse? IIII.
VI
IIII
vertonung *
* von  rex joswig & man shadow zur praesentation der ausgabe 106/107  der literaturzeitschrift perspektive - hefte fuer zeitgenoessische literatur erstellte mischung aus "abseitiger populaermusik, aufgeschaeumt & hochgejazzt mit poetischen perspektiven aus den ausgaben 96/97 & 104/105. darunter titelgebend, ab minute 20 mein text "maldoror has left the building".