gedicht 30 : 30.11.2020 ("vade retro"; 16 uhr 45; linde, irgendwo beim dom)
vade retro
gaumengrinsen saug das fruchtfleisch der kornellkirsche
vom kern auf abschuessigen aesten wo kein pferd reitet
spielen muskuloese hunde mit kurzen beinen powertrip
ohne bedrohlichkeit ihr hecheln aehnelt quasi stammeln
einem silbenhacken das du verstehst sobald du hinhoerst
formen sich fast ganze saetze mit aufforderungscharakter
& die meinen tue was dir gut tue zerreisze endlich deine
leine die dich halten will nicht dass du dich blosz weiter
von auszen also nackt betrachtend irgendwann vielleicht
das opfer eines feigen mordes blutend in der gosse liegst
& nicht mehr schreist wenn derbe stiefel dich zu matsch
zerstampfen weil sie einen stoerfaktor dessen praesenz
eigentlich eher einer abwesenheit bar eigener initiative
gleicht wieder wegschrubben sollen schimpfen sie leise
gedicht 29 : 29.11.2020 ("so denke ich mir krieg"; 8 uhr 56; kastanie vor dem hochablass,
diesseits von augsburg)
so denke ich mir krieg
wir zogen ueber den abglanz heidekrautverschmierter huegelketten
das glas schwieg & auch wir versuchten uns der stille zu ergeben bis
einer steckenblieb & seine arme gen himmel werfend grell aufschrie
sein lohn sei ihm gestohlen worden seine fuesze verweigerten ihren
dienst seine kameraden waeren in wahrheit tagvampire sie lechzten
nach seinem blut da hielten wir inne stellten uns alle um ihn herum
jeder stiesz einmal zu & danach tranken wir & marschierten weiter
gedicht 28 : 28.11.2020 ("delir-irr-irr-irr-irium!"; 15 uhr 20; kastanie, am koenigsplatz gen
bahnhof)
delir-irr-irr-irr-irium!
versuchungen mit klebefäden
pappen augen stracks wo fest
sodass der schritt sich lenken lässt
von all dem reizgeschmeisz
o somnambuhlergeist!
der jeden traum zerreiszt
wenn wir ganz wirr bis rauschbesessen
gleich tiermaschinen wahnsinn fressen
‘delisch grinsend die essenzen
heilloszinogent das sein!
gedicht 27 : 27.11.2020 ("réalité"; 15 uhr 40; pappel, am schaefflerbach, 48°22'13.4"N
10°55'22.8"E)
réalité
& dann tauchten da an den denkbar unguenstigten stellen ploetzlich
bruchstuecke naemlich auf von erinnerungen vielleicht & voellig aus
dem zusammenhang gerissen wie ja beispielsweise der blutige finger
im ohr das halbgerauchte zeitschriftenmagazin die violine ohne mund
oder andere verwirrende personenfragmente & mischten sich einfach
so unter beziehungsweise ein in das aktuelle handlungsgeschehen bis
niemand mehr ahnte dass er blosz traeumt & deshalb nicht erwachte
gedicht 26 : 26.11.2020 ("wald"; 15 uhr 43; abgasnaher baum vor feuerwehr, berliner alle
30)
wald
irgendetwas stimmt nicht mehr mit den baeumen hinter dem haus
teilweise wuchern sie ins unermessliche auch die rinde flieszt viel
zu weich & unbestaendig weshalb ich mir langsam sorgen mache
& beschliesze die sache in die eigene hand zu nehmen ich hole mir
eine saege eine axt & begebe mich heimlich an die arbeit nur leider
haben wir sehr neugierige nachbarn & ich moechte nicht beobachtet
werden mir weder sonderbare fragen noch ratschlaege & kommentare
anhoeren muessen natuerlich werde ich trotzdem staendig gestoert
aber nach einer weile bin ich fertig & habe keinerlei ahnung wie mir
die sache gelungen ist denn auf dem boden liegen ein paar staemme
den spuren nach zu urteilen habe ich mich aufs hauen beschraenkt
& nun wobei ich feststelle dass ich mich gar nicht drauszen sondern
drinnen befinde versuche ich die erde aufzugraben um neue pflanzen
zu setzen mir klappen komplizierte mit alten saegemehlbergen bedeckte
holzkonstruktionen entgegen manchmal meine ich fast in den unteren
stock blicken zu koennen kurz vor dem einbrechen zu stehen doch lasse
ich mich nicht beirren & am schluss umgibt mich eine naturverjuengung
gedicht 25 : 25.11.2020 ("the secret poem"; 16 uhr; ein bei=nahe eingekerkerter baum,
schaezlerstrasze 5)
the-secret-poem
gedicht 24 : 24.11.2020 ("morbid"; 16 uhr 23; birke, firnhaberau, 48°23'24.3"N
10°53'57.0"E)
morbid
blutsturzueber
augenweiden
satt geseh’n
am lustprinzip
peristaltik
der verwesung
weil ‘s mal schoen
gewesen ist
gedicht 23 : 23.11.2020 ("fang"; 16 uhr 12; linde, mittlerer graben 1)
fang
das eine
des and‘ren
anfangs ende
fang das and‘re
ende jetzt an
beende das and‘re
fang an das eine
fang das eine
fang es jetzt ein
beende den anfang
fang an das ende
beende das ende
fang am anfang jetzt an
doch fang auch das and‘re
und fang auch das eine
dann fang das ende
und fang auch den fang
gedicht 22: 22.11.2020 ("der botanische garten"; 8 uhr 50; linde vorm eingang zum botanischen
garten)
der botanische garten
& gleich zu beginn ein plot-twist bienenareale
bitte nicht veto weil dornen quasi die stacheln
von rosen sind analogisierst du zu freimuetig
schlendernd ein hauch von waessrigem japan
geraet dir in die quere & hoelzerne bruecken
laden dich ein dich mal kraeftiger auszuloten
kein ronin-komplott stoert die meditationen
stattdessen traben massenweise junge mittlere
& aeltere mitbesucher ueber die vage resilienz
deiner nervenstroeme hey du besitzt rechte
allerdings nicht das daseinsmonopol dafuer
dass du dich hier begrenzt aufhalten darfst
hast du bezahlt eine summe mit gegenwert
einer relativ mittelmaeszigen tasse kaffee
im lauschigen biergarten & all die pflanzen
guckst du dir spaeter etwas gelassener an
gedicht 21 : 21.11.2020 ("lass es in ruhe"; 16 uhr; linde, hanreiweg 9)
lass es
in ruhe
geh hierhin
nein
geh dorthin
nein
wohin du willst
tu was du tust
nicht aber jetzt
weil später nie
fang endlich an
hör auf damit
gedicht 20 : 20.11.2020 ("körper und nichtkörper"; 16 uhr 18; linde,
oberbuergermeister-hohner-strasze, bei den kuenstlichen schafen)
körper und nichtkörper
der körper als körper
des anderen wirkt
auf den körper
woraufhin der körper
sich selbst projiziert
und in sich bereits
sozusagen als idee nicht
körperhaft verkörpert den nichtkörper erklärt
den körper enthält
gedicht 19 : 19.11.2020 ("omnis tobe ulkgeil est"; 16 uhr 12; kastanie, vorm liliom)
omnis tobe ulkgeil est
ob gottes muskellinie
kilos teilte musen bog
sein soll mit ko beugte
tonlose begleitmusik
gedicht 18 : 18.11.2020 ("weil vor dem kater ist danach"; 16 uhr 40; linde, wolframstrasze 5
a)
weil vor dem kater ist danach
lass doch lieber mal
jemand anderen deine schweinereien
zaehlen die schlittenhunde vielleicht oder den alten krebs
der gerne unter deiner notduerftigen spuele haust & sich
ums geschirr kuemmert wenn du wieder keinen bock hast
dir die decke mit allen termiten & ameisen auf den kopf
fallen zu lassen sondern rausrennst laut grashalme abreiszt &
dabei lieder aus deiner kindheit pfeifst bis du betrunken bist
gedicht 17 : 17.11.2020 ("2495 A.D."; 13 uhr 05; birke, lechhausen, 48°23'22.6"N
10°53'57.2"E)
2495 AD
progressor sie fragten ihre route nach statt staedten
totaler kollaps ihre kuenstlich erzeugte intelligenz
versagten wir dem planer die auskunft seiner raster
weite truemmerfelder fiel bis babel galt prophezeit
uns nicht nur untergang falls wir die zukunft ahnen
diesseits wirrster wurzelfaeden ach vitiosus circulus
wo einst waelder rauschten wuesten versa vice bald
verbleicht am boden der letzten detox-staub-ruinen
aus erloschenen ideen ein labyrinth vor provenienz
getaner schritte & aller intentionen gleich urwesen
meuterte scharf hybris kontra kalkuel nun & gewann
auf uns dass wir verloren in derlei katakomben lagen
zum nackten fusz alter rechnungshof-gerichtsaltaere
zeichneten sonderlinien unser zivilisationsschicksal
als buendel verkackt vertrackter routine-entitaeten
stringent & linear in die tiefen der abgruende hinein
dissoziiert das oede subjekt seiner selbst immer fern
ahnungsarm degeneriert zu bloszen fremdfunktionen
opferten wir das massenschlachten uns den verstand
erhielten rabattmarken fuer konsumentschaedigung
& kein koerper spuerte den wind her der um uns pfiff
gedicht 16 : 16.11.2020 ("time to hit Alt F4"; 16 uhr 44; kastanie, oberer graben 55)
time to hit Alt F4
keine spinne mehr sein die sich fuer eine fliege haelt
im weltweiten netz vor katzenvideos & dank memes
versuchst du bei tinder endlich den scheibenwischer
stoisch ohne hinzugucken & du wisperst nieder leise
mit dieser sozialen selektion nach visuellen kriterien
aufhoeren bitte mich nicht bloggen weil ich froehlich
tabus & superfoodtrends anspreche auf oekologischer
basis weil ich regelmaeszig zum einschlafen softe asmr
clips konsumiere wider meine einsamkeit & probleme
real-life-bekanntschaften zu knuepfen hock ich in chats
ziemlich old-school-maeszig ohne allzu sehr zu trollen
bin immerhin schon altes eisen will heiszen weit ueber
sechs&dreiszig jahre alt ein relativ binaerer dinosaurier
dessen digitale halbwertszeit laengst abgelaufen waere
wuerde er nicht korrupte daten verbreiten & trenden
gedicht 15 : 15.11.2020 ("¡cu-curru-guru"; 15 uhr 45; kastanie, rand wittelsbacher park,
48°21'36.0"N 10°53'20.3"E)
¡cu-curru-guru!
nun ratet mal
wer ratten fängt
& ob sich eine retten kann
wenn seine töne
fährten leg‘n
vom hier & jetzt
ins unbekannt‘
dann rattert
ratlos ‘s rattenhirn
& folgt doch flux
der melodie
& irgendwo
bis nirgendwo
finden selbst
wi‘-u‘-wo‘ nie
gedicht 14 : 14.11.2020 ("synergie"; 7 uhr 55; linde, bismarckstrasze 9)
synergie
das tier wartet
ich folge ihm
ich folge ihm
durch die musik der gassen und abstrakten ideen
ich folge ihm
durch schallendes gelächter
dessen vibration die mauern zersetzt
ich folge ihm
durchs getöse schwer schuftender leiber
eingehüllt in ihren würzig dampfenden schweiß
ich folge ihm
durch ein meer aus melodien und dissonanzen
aus schaum und klang und loser erinnerung
ich folge ihm
– zahm –
wie ein schatten seinem körper
ich folge ihm
– bestimmt –
wie ein akt seinem akteur
ich folge ihm
– voller demut –
wie eine morgendliche silhouette
sich scheu der Sonne zu verneigt
ich folge ihm
ja ich folge ihm
ich folge dem tier
ich folge dem tier
weil und wie
weil und wie
das tier m i r folgt
gedicht 13 : 13.11.2020 ("irgendwo zwischen ebbe & flut"; 16 uhr 12; platane,
elias-holl-platz)
irgendwo zwischen ebbe & flut
du zappst durch die programme deiner erinnerung
an serien die du genial gefunden hast & jetzt wieder
desto mehr je hoeher dein pegel hier in einem keller
mit dir unbekannten neuen freunden so nach genuss
von bier & wein achtetest du auf die reihenfolge nein
egal tomorrow never comes nicht wahr du beginnst
zu tanzen also hin & her zu wanken alle hemmungen
verlieren sich die tueren hinter denen du gestrandet
warst einfach weggeschwafelt & erzaehlst anekdoten
keiner hoert zu & jeder lacht in diesem enger werden
eines raumes mit sauerstoffmangel & klaustrophobie
als running gags ohne opfer weil der geist kapituliert
keine gegenwehr endlich mal angenehm narkotisiert
gelingt dir das kunststueck dich selber zu vergessen
gedicht 12 : 12.11.2020 ("weisen"; 7 uhr 33; ahorn(?), am schaefflerbach, 48°21'52.5"N
10°54'20.5"E)
weisen
in blinder erwartung strichen wir
um die zurschaustellung unserer
behausungen lieferten uns wortgefechte
erhöhten uns in relationen trieben
unsere hoffnungen vor uns her
doch die sonne wollte nicht
kommen dunkel blieb es keiner
vermochte der erste zu sein und so
schwiegen wir leugneten weiterhin
bis ein kind endlich fragte
warum das licht begraben sei
gedicht 11 : 11.11.2020 ("sind die rolling stones eine felsformation"; 17 uhr 02; weide am
schaefflerbach, 48°21'42.5"N 10°54'52.7"E)
sind die rolling stones eine felsformation
steine die zungengleichung gerollter rhetorik
zeitalter fuer verschwommenes ein untergang
aus floskeln hochgespreizten redewendungen
flinker im buchstabieren & im woerterknoten
nicht zu gebrauchen beim uebertragen verlust
an sinn alles spaeter auch frueher opfervisagen
oder vice galt versa veraenderung gleich status
kinetik also tabula rasa also quid also quo wen
kuemmert die starre freiheit ohne ausnahmen
wer glaubt darauf etwas aufbauen zu koennen
momentaufnahmen gestern gebirge & morgen
ein meer heiszt heute diese eiskalte wueste just
go with the flow you know panta rhei vielleicht
die chimaere eines voyeurs der sich auslagern
wollte & davon ausging den fluss von auszen
zu sehen gefangen in wirren strudeln laengst
eins mit den andren konservierte er auszer
nichts nicht einmal nicht nichts
gedicht 10 : 10.11.2020 ("Spiritualität"; 16 uhr 16; ahorn(?), inmitten des kleinen platzes vor
dem "augsburger kunstverein")
Spiritualität
Das köstliche Flattern gefangener Vögel;
die herbe Präzision eines sezierenden Blicks;
mondfarbene Erkenntnis erprobt ihre Schwingen,
berührt sonnenleuchtende Stille und erlischt:
Entzündet am Duft arabesker Mysterien
lodert – flammenverkündend! –
sinnsuchender Trieb…
gedicht 9 : 09.11.2020 ("perspektiven"; 7 uhr 18; ahorn, vis-a-vis city gallery, backside,
48°21'51.8"N 10°54'31.8"E)
perspektiven
zwischen zwei felsen
die das universum begrenzen
das universum begrenzen
in seiner unendlichkeit
zerrinnt
in gefangenschaft
das stigma unserer leere
stummen blicks gieren wir nach den sternen
den wegweisern unserer scheinheiligkeit
unserer freiheitlichen ignoranz
traurig schweigen wir
schreien tonlos nach barmherzigkeit
im ewigen wort
die antwort bleibt leere
leere leere
und tod
gedicht 8 : 08.11.2020 ("weaver of reality"; 9 uhr 30; buche vor dem ablass am
oberen anger)
weaver of reality
dein schleier aus erfahrung & sichtweisen
der ueber den schleiern aus erfahrungen
& sichtweisen anderer liegt die wiederum
ueber zahllosen schleiern aus sichtweisen
& erfahrungen anderer et cetera et cetera
& irgenwann erst ueber der wirklichkeit
der ominoesen objektiven wohlgemerkt
sofern ueberhaupt existent liegen neigt
gerne dazu sich fuer letztere auszugeben
woebei bezugspunkte kurz mal aehnlich
gewesen sein moegen aber ein wunder
falls je tatsaechlich quasi vollkommen
miteinander identisch & deswegen sei
davon auszugehen dass sie staendig
divergieren & du letztlich keinen
blassen schimmer hast was um
dich herum in dir drinnen
& ueberhaupt geschieht
eigentlich schade so it
’s time to cut holes
with this knife
whenever
you ar
e rea
dy
gedicht 7 : 07.11.2020 ("erschoepfung der resonanz"; 8 uhr 54; feldahorn neben bank, anfang
spickelwiese, 48°20'56.3"N 10°55'11.5"E)
erschöpfung der resonanz
man muss geduld haben
mit rostigen saiten
die finger zerschneiden
für einen einzigen ton
gelegentlich tropft
blut auf die seiten
bleibt liegen und provoziert
den beginn des gedichts
gedicht 6 : 06.11.2020 ("opak/opal"; 16 uhr 08; linde; nahe bushaltestelle vincentinum, richtung
rotes tor)
opak/opal
licht sei ein reflex
der dunkelheit verschmaeht
& loes(ch)t doch schatten aus
vielleicht nicht weisz auf schwarz
& auch nicht umgekehrt
nein eher als fragment
zu einsamkeit
befragt
gedicht 5 : 05.11.2020 ("die letzten nächte von paris"; 16 uhr 18; pappel, an fuszgaengerampel von provinostrasze gen margaretstrasze,
rechts)
die letzten nächte von paris1
wir gespenster2 warten vergessen3
unter der bedeckung eines huts4
wo spinnen ihre nester bauen5
auf der terrasse des café josty6
auf der anderen seite des spiegels7
wo ein vogel am schönsten
singt8
vom schwarzen revier
zur neuen welt9
das große nimmermehr10
1philippe soupault 2ferdinand hardekopf
3maurice blanchot 4h.c. artmann
5 italo calvino 6paul boldt
7 arseni tarkowski 8 alejandro jodorowsky
9 paul zech 10 elsa triolet
gedicht 4 : 04.11.2020 ("gebundenheit"; 9 uhr 05; pappel vor der "apotheke an der
wertachbruecke")
gebundenheit
denn weil als wie
obwohl weshalb,
wenn nämlich,
dann oder wann,
wo wer was nun
– und sofern jetzt –,
warum hier
respektive dort?
falls aber doch,
bald allerdings
bzw. demgemäsz,
oft weiterhin,
sowieso,
durchaus
usf.!
gedicht 3 : 03.11.2020 ("verdunstet", 16 uhr 15; linde, vor dem peutlinger-gymnasium)
verdunstet
reifenkollern weht der wind die bruestung der duenen
hinab im hauruckverfahren verfrachtet dich ins abseits
ja jeder plan ist eine wueste blaupause eines scheiterns
auf raten oasen suchen wie viel prozent reichen wohl
aus um ausreichend versorgt zu sein wenn manche gern
behaupten gewisse dinge seien unteilbar & verlieren
ihren sinn ihre bedeutung sobald jemand mal versucht
sie zu dividieren was nicht ablenken soll vom sand
der zwischen den zaehnen & zehen & gelenken & & &
knirscht das getriebe blockiert selbstverstaendlich erst
ab einer gewissen menge & nun geraetst du erst recht
in den wirbel in den strudel in den sturm eines sich im
mer weiter um sich selbst drehenden gedankens & irrst
solange dahin bis dein knochentrockener leib verdorrt
daliegt unter der guten uralten & gnadenlosen sonne
gedicht 2 : 02.11.2020 ("dein fuckin' unholy reptiliencharm"; 16 uhr 12; bergahorn, koenigsplatz,
zwischen straszenbahnstation & innenstadt, in der naehe der steinbank)
dein fuckin‘ unholy reptiliencharm
alle verplant verstrahlt auf lebenszeit baby
the grace of tschernobyl & ein sehnen nach
alt school also daseinsentwurf=alternativen
slow=motion=paradiesen entschleunigung o
just obey the neon poetry deiner innersten
daemonen you tattooed your psyche on you
=r body your koerper on your spirit & jenen
auf die leere deines eher blassen schimmers
den du vom sinn of life not hast jedoch dafuer
von sins tabu=bruechen inklusive
relativer
consequences internalisiert & viel versteckter
gen auszen yes you’re no saint scheinheiligkeit
goddamn as you really try to act like one no
zurueckhaltung anymore wenn du dich mischst
mit fremden substances drug-induced persona
=mutationen als ein way of existence um dich
eines schoenen tages aus dir selbst zu befreien
na so à la differenz der visionen einer eierschale
& der awesome rattlesnake die darin stagniert
gedicht 1 : 01.11.2020
("gemeinsam auseinander"; 10 uhr 10;
kastanie, zwischen fahrrad & fuszweg zu seiten der jakoberwallstrasze, hoehe city-gallery)
gemeinsam auseinander
über einer weiten fläche
gleißte sonne sengend heiß
und die stange von la mancha
schwafelte im selben kreis,
den sie schon umritten hatte,
begleitet stur von jener kugel,
deren faulheit unbeschreiblich,
bloß von ihres hungers pegel
fleißig übertroffen ward.
„sieh, ich seh doch wieder
riesen!“, rief die stange,
glühend bebend, eine ader
platzte ihr; worauf die kugel,
eifrig gähnend, träge sich die
augen rieb, fies am rande
schnell erwähnte, dass sie
nicht erkennen könne
was die stange denn da meine –
windesmühlen gäb's zwar viele,
aber solcher riesen: keine!
angezerrter epilog:
sich im widerspruch vereinend,
ergänzten so sich beider formen,
zogen quer durch müde lande
rannten bald an gegen normen…
oder, kürzer:
‘ne stange und ‘ne kugel
trotteln durch das land.
erst’re gegen riesen,
zweit‘re für den wanst…
und schluss/genug!
ZUR
GENESIS
die (un?=)bewusste (auto=poietische?)
gestaltung (poesis?) von text (poesie?) als bild –
ein terrain, das ich bisher hoechstens zu zwecken exzeptioneller,
experimenteller, nichtsdestotrotz mitunter ausgesprochen fruchtbarer
exkursionen durchstreift hatte –: ueber die vage dauer
einiger arbeitsamer wochen hinweg zu meinem vornehmlichen spiel=raum
auserkoren, hat sie mir eine wahrlich wunderbare chance erschlossen:
das direkte
bezeugen eines aufregenden kreativen prozesses, mit all seinen
hoehen & tiefen sowie das setting transzendierenden,
weiterfuehrenden phaenomenen. denn waehrend ich mich beim reinen(?)
schreiben hauptsaechlich brav & hingebungsvoll dem diskurs
meiner gedanken – an guten tagen einschlieszlich einer beruecksichtigung
diverser (fiktiver?) metaebenen – ergebe, beim reinen(?)
& just & speziell in meinem falle recht gemaechlich
dahinplaetschernden malen in gewisser hinsicht synchron ueber das
entstehende bild meditiere – sprich, insgesamt: den sich selbst
beobachtenden geist mittels gewohnheit tendenziell einschlaefernde
routinen –,
hat hier eine von ausgiebigen pausen – in denen sich verschiedenste, teilweise einander temporaer zuwiderlaufende vektoren integriert haben –
durchsetzte, andere art des schaffens stattgefunden. eine mich
vom direkten handeln abschweifen lassende, mein tatsaechlich soeben
getaetigtes handeln sowie mein handeln in spe bereits prophetisch
reflektierende.
am anfang – ach, welch wunder waere eine kreation aus dem buchstaeblichen nichts heraus! (wohl
der groeszenwahnsinnige traum eines jeden moechte=gern=demiurgen...?) –: das euphorische brausen von nach
form/konkretisierung gierenden ideen, die einfluesterungen des jeweils ausgewaehlten gedichts, das zu=fallen
von inspiration(en), u.a. stoebernd durch die
archive meiner digitalisierten pinselerguesse, das ausloten des
potenzials der vorhandenen werkzeuge/instrumente – eine flut innerer
& aueszerer (& damit innerer) reize. sich dynamisch
verzweigende, veraestelnde, veraendernde, anwachsende impulse: die
akutesten aufgreifend, akkumulierend, zu handlungsanweisungen
uebersetzend, denen ich prompt & gerne – es lebe der flow! –
& in spaeteren, kritischeren phasen seltener vorbehaltlos
gehorchte: kettenreaktionen! –
zum beispiel ausgeloest von einer mir dem gedicht angemessen
erscheinenden schriftart, die daraufhin wiederum bestimmte visuelle
komponenten dringend forderte & komplementaer eine schier
gigantische, ungleich umfangreichere, in wirklichkeit eben
ausschlieszlich durch exklusion der geduldeten elemente definierbare,
quasi unendliche menge ausschloss: das paradigma meines stils.
(„stil“, laut meiner interpretation: ein mindestmasz an angeeigneten
techniken im staendigen konflikt – im sinne von
auseinandersetzung – mit bewussten & unbewussten vorlieben, im
staendigen konflikt mit vorhandenem material – inklusive meiner wenigkeit/meiner dispositionen
–
, im staendigen konflikt mit noch & nicht mehr vorhandenem
schaffensdurst – ergo im staendigen konflikt mit
divergierenden beduerfnissen –, im staendigen konflikt mit ihren
signifkanten teil beitragen wollenden idealen & haltungen etc. etc.
etc. ad infinitum, mit (letztlich unerfuellbarem) drang,
hin zur bestaendigkeit: die fluide & im augenblick der aktion
jedoch unvorstellbar starr & hart – wie wasser beim sprung aus
entsprechender hoehe – anmutende schablone einer sich
unablaessig wandelnden persona & ihrer gestalterischen –
„nischenkonstruierenden“ – faehigkeiten & attribute in interaktion
mit der welt/sich.)
grundzuege von werken entstehen: ein berauschendes flieszen!, &,
ploetzlich, vielleicht beim feinschliff, irritieren auf einmal
minimalste farbnuancen, platzierungen & ausrichtungen von
kleinstfacetten (details!) – o, du unglaublich laehmender, zu
herrlichen, zwischen implosionen & explosionen oszillierenden
wutausbruechen verleitender frust – usw. usf. frage: was gibt
w a s vor? was gilt als unantastbarer kern des werks, was als nach anpassung verlangendes
bei=werk? & darum, warum
nicht: perspektivwechsel; umkehrung oder rekonfiguration der
prioritaeten? ja; & trotz freiheitlicher avancen: blicke ich –
ich bin gesprungen – am ende auf die summe der vollendeten
kompositionen, vermeine ich die signatur eines "stils" – eine begrenzung, die es ueber kurz oder lang
zu ueberschreiten gilt: always!
– zu erkennen & sehe eigenen charakter – eigen- &! selbststaendigkeit – fuer sich
beanspruchende uebergangszustaende & ausschnitte in ihrer gesamtheit realitaet werden wollender visionen…